Text: Patricia Bröhm

«Bürli» gegen Heimweh. Die Bürli seiner Mutter sind an allem schuld. Jahrelang schickte sie ihm regelmässig ein Paket nach Hamburg, wo Christian Aeby seit 1991 lebt. Die Bürli halfen gegen das Heimweh und prägten seinen Gaumen. Der gebürtige Basler war als Werbefilmer weltweit unterwegs, zuhause entspannte er beim Backen und Kochen. Ganz besonders hatte es ihm das Thema Sauerteig angetan. Er experimentierte jahrelang, holte sich immer wieder Rat bei Top-Bäckern, bis ihm endlich das für seinen Geschmack perfekte Brot gelang. Anfang 2019 beschloss der heute 62jährige, nebenbei auch noch klassisch ausgebildeter Pianist, aus der Passion einen Beruf zu machen.

Christian Aeby Brot

Darf es ein Schnittchen mit bretonischer Butter sein?

Christian Aeby

Kult-Bäcker in Hamburg: Der Basler Christian Aeby.

Eine Auslage wie beim Juwelier. Christian Aeby startete mit einem kleinen selbstgezimmerten Stand auf dem Hamburger Isemarkt, gerade mal einen Meter breit. Er verteilte Schnittchen mit bretonischer Butter, um Passanten aufmerksam zu machen. Seine Brote mit der dicken krachenden Kruste voller Röstaromen und dem luftig-großporigen Innenleben wurden innert kürzester Zeit zum Geheimtipp. Die Charge von 40 Laiben war oft schon morgens ruckzuck ausverkauft. Ein halbes Jahr später eröffnete Aeby seinen eigenen Laden «bread» im schicken Stadtteil Eppendorf. Der Raum ist mit gerade mal vier Quadratmetern winzig, die Inszenierung dafür umso gelungener, man merkt den Ex-Werber: Die Wände liess er schwarz streichen, ein alter Apothekertresen dient als einziges Mobiliar. Ein cooler Look, man würde eher einen Juwelier oder ein hippes Modelabel vermuten. In pinkfarbenes Seidenpapier eingeschlagen, so tragen die Kunden ihr Brot als kulinarisches Statussymbol nach Hause.

Sauerteigbrot Christian Aeby

Perfekte Inszenierung ist alles: So sieht es in Christian Aebys Hamburger Bäckerei aus. Ziemlich hip!

«Flûte», «Stange» oder «Hammer».«Hamburgs bester Bäcker» titelte die Hamburger Morgenpost, nachdem der Quereinsteiger in einem Ranking des Kulinarik-Magazins Falstaff die gesamte Profi-Konkurrenz in den Schatten gestellt hatte. Sein Geheimnis? Keine Kompromisse. Nach wie vor gibt es bei ihm einzig und allein Sauerteigbrot, aus naturbelassenen Zutaten (Mehl, Wasser, Salz, Acerola Kirsche, Naturhefe) im Holzofen gebacken, mit knuspriger, fast schwarz gebrannter Kruste und weicher, flaumiger Krume. Nur die Form variiert: Kunden haben die Wahl zwischen einer Flûte, einer Bürli-Stange oder einem massiven Laib von 3,6 Kilo, genannt „Hammer“. Mehr braucht es nicht, findet der Patron, denn: «ein Brot ist sehr universell und vielseitig einsetzbar.» Wichtiger als Vielfalt ist ihm Qualität: «Der Anspruch ist, bei dem einen Produkt, das ich anbiete, in die Nähe von Perfektion zu kommen.» Und das ist schwer genug, denn: «Sauerteig ist launisch. Man muss eine liebevolle Beziehung zu ihm aufbauen.» Er lebt von 36 Stunden Teigführung und reagiert sehr sensibel auf kleinste Schwankungen bei Temperatur, Luftdruck und Luftfeuchtigkeit. Es gibt Tage, da findet der Chef sein Brot nur suboptimal gelungen. Dann verkauft er es leicht reduziert: «Wenn man sich auf nur ein Produkt konzentriert, dann muss alles auf den Punkt sein. Da lässt sich nichts kaschieren.» Seine bewusste Fokussierung ist auch der Grund, warum er trotz des großen Erfolgs weder wachsen noch viele Filialen eröffnen will. 

 

>> «Bread»: Eppendorfer Weg 189, Hamburg-Eppendorf, Tel. 0171/428 70 95 (Vorbestellung ratsam), www.bread.love