Text: Max Fischer I Fotos: Kurt Reichenbach
Die rosarote Schoggi-Invasion aus Luzern. Die Luzerner stechen mit dem markant eingesetzten Pink auf Bäckermützen, Schürzen, Tragtaschen, Verpackungen und Lieferwagen von Weitem ins Auge. In Luzern und Umgebung sind die «Bachmänner» schon seit Langem die Platzhirsche. Nach dem Shoppi Tivoli im Aargau hat Pink nun auch Zürich erobert. Dort hat sich Bachmann im Zentrum Sihlcity, am Bleicherweg sowie am Renommier-Boulevard Bahnhofstrasse in kurzer Zeit eine Fangemeinde erschaffen. Der neuste Coup: Auch der Flughafen Zürich in Kloten strahlt jetzt rosarot: Bachmann ist neu in «The Circle». Es ist das 22. Fachgeschäft des Luzerner Unternehmens, das in der vierten Generation von den Brüdern Raphael, 53, und Matthias, 55, geleitet wird. Bild oben: (v.l.) Matthias, Juliane und Raphael Bachmann)
Praliné-Kunst aus Luzern: Von Hand gefertigt und mit der typischen rosa Schleife versehen - Bachmanns süsses Markenzeichen.
Handwerkliche Qualität ist gefragt. Bei Bachmann geht es aufwärts, in der Branche abwärts: Im Jahr 2000 hatte der Schweizerische Bäcker-Confiseurmeister-Verband über 3900 Mitglieder – Anfang 2024 waren es noch knapp 1800. Was macht Think Pink besser? «Unser rosa Farbauftritt ist ein aussergewöhnlich starkes Wiedererkennungsmerkmal», sagt Matthias Bachmann. Nur auffallen allein genüge aber nicht, man müsse die Erwartungen der Kundschaft täglich erfüllen, so Bruder Raphael. «Wir haben ein breites, qualitativ hochwertiges Angebot, setzen konsequent auf traditionelles Handwerk und leben unser Frischekonzept. Zusammen mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis sind das unsere Trümpfe.» Das Fachgeschäft am Bahnhof in Luzern beliefert Bachmann fünfmal täglich, alle andern zwei- bis dreimal von der Produktion aus im Luzerner Tribschen-Quartier. «Deshalb könnten wir beispielsweise in Genf keine Filiale eröffnen.»
Chef am Steuer: Mütze rosa, Auto rosa, Bachmann halt!
«Zehn Finger & viel Gefühl.» Traditionelles Handwerk wird grossgeschrieben: «Solange es noch keine Maschine mit zehn Fingern und viel Gefühl gibt, wird das auch so bleiben», sagt Raphael Bachmann. Jeder Teig ruht mindestens zwölf Stunden. Jede Glace wird nach altem italienischem Rezept hergestellt – die Sorbets mit einem extrahohen Fruchtanteil. Sie sind deshalb leicht und weniger süss. Und jedes Praliné ist ein kleines Kunstwerk: Es geht um Geschmeidigkeit, um Textur und Zähflüssigkeit. «Ein Praliné muss im Mund möglichst schnell zergehen, nicht erst nach einer Minute», sagt Juliane Bachmann. Die Frau von Raphael ist in der Geschäftsleitung für Marketing und Innovation zuständig. Sie weiss es ganz genau: Sie gewann 1999 als erste Frau die Weltmeisterschaft der Konditoren-Confiseure-Chocolatiers. Die Bachmanns sind überzeugt, dass Innovationen enorm wichtig sind. Sie investieren deshalb viel Zeit und Geld in die Produktentwicklung. Auf den Social-Media-Kanälen lassen sie sich inspirieren, was in ist und wohin der nächste Hype führen könnte.
Tiktok-Salat & Schutzengeli. Den Luzernern gelingt es so immer wieder, mit neuen Ideen auch Junge in die Läden zu bringen: Bowls, Tees und Säfte mit wenig Zucker ziehen bei den gesundheitsbewussten Jugendlichen für die Mittagsverpflegung. «Ein Beispiel für einen solchen Renner war jüngst der Tiktok-Salat», sagt Juliane. Der Green-Goddess-Salat mit Gurken, weissem Kohl, Frühlingszwiebeln, Schnittlauch und Basilikum war monatelang der angesagte Superfood. Bachmann wird als Bäcker wie auch als Chocolatier wahrgenommen. Das Highlight: Zwei Millionen Schutzengeli gehen jedes Jahr über den Ladentisch, es ist das meistverkaufte Produkt und weltweit geschützt. Man kann damit einer lieben Person oder sich selber Glück wünschen.
Die Bachmanns: Die Eltern Margrith und Raymond freuen sich auf den Besuch ihrer Söhne Raphael und Matthias sowie Schwiegertochter Juliane.
Schon für Grossvater Hans war das Leben rosarot. Die Idee für den pinken Auftritt stammt weder von Juliane noch von Raphael oder Matthias Bachmann. «Unser Grossvater Hans zog in den 50er-Jahren von Sursee ins Wesemlin-Quartier nach Luzern», so Matthias. Da sei die Farbe Pink zum ersten Mal aufgetaucht. «Unser Vater Raymond erkannte die Kraft dieses Alleinstellungsmerkmals», so Raphael. Zu einer Zeit, als man Pink nicht mit Süssem in Verbindung brachte und sich Männer oft unwohl fühlten, mit einer rosaroten Tragtasche durch die Stadt zu laufen. «Unbeirrt zog unser Vater aber das Farbmarketing durch – zum grossen Glück!»
Geniessen & Gutes tun. Das Schutzengeli ist ein Knusper-Truffe. Mit zwei goldenen Flügeln, einer von Hand gerollten Rocher-Kugel mit zart schmelzender Pralinécreme und knackig-aromatischen Haselnuss-Splittern. Der Coup: Man schenkt mit dem Kauf eines Schutzengeli doppelt Freude. Ein Teil des Schutzengeli-Erlöses fliesst in die Bachmann Stiftung. Diese setzt sich für jene ein, die nicht auf der Schoggiseite des Lebens stehen. Sie hat zudem in den Kakao-Anbauländern Ghana und Elfenbeinküste schon vor Jahren je eine Schule gebaut und das Projekt «Family Farm School» lanciert. Die jungen Menschen lernen in drei Jahren das Wichtigste über den Kakaoanbau. Zu Hause können sie die Theorie eins zu eins in die Praxis umsetzen – so erreichen sie einen höheren Lebensstandard.