Castello del Sole
Keine Sekunde liegt der «Salmerino del lago», den Berufsfischer «Joe» Palmieri mit bemerkenswerter Zuverlässigkeit aus dem Lago Maggiore hievt, in der Pfanne. Dafür kommt er in den Räucherofen, à la minute, genau sieben Minuten lang. Dann ist der Seesaibling perfekt gegart, butterzart, leuchtend rosa. Was dazu kommt, ist Programm: «Sapori del nostro orto» heisst das Signature Menu im «Castello del Sole», dem kulinarischen Traumschloss von Ascona. Verwertet wird, wenn immer möglich, was im Hotelgarten, in den Terreni alla Maggia oder wenigstens im Tessin gedeiht. «Kurz vor dem Service streifen wir Köche durch die Beete und klettern auf die Bäume, holen uns, was wir brauchen», sagt Leo Ott, zum Küchenchef befördert und genialer Partner von Executive Chef Mattias Roock. Was braucht’s zum Salmerino? Gelbe Peperoni beispielsweise für die leicht säuerliche Vinaigrette, Holunder und Holunderöl. Ein harmonischer Start in einen wunderschönen Sommerabend im Cortile des Hauses.
«Im Juni, Juli und August kochen wir am liebsten», sagen die beiden Chefs, «dann können wir in unseren Gärten aus dem Vollen schöpfen.» Nach dem Fisch kriegen wir ein zartes Tatar vom Berglamm, kühl, aber nicht kalt serviert und elegant verpackt. Die Komponenten aus dem Garten diesmal: Gurke, kleine Pepquiños wie in Mexiko, schwarzer Knoblauch, Zitronenmyrte. Auf die nächste Runde freut sich auch Maître Sergio Bassi: «Unser Wow-Gang!» Keine Übertreibung: Die «Essenza fieno di montagna» (Bergheu- Essenz, fünf Tage Arbeit) ist tatsächlich eine Umami-Bombe, mit Luzerner Bierschwein in der Hauptrolle: Schweinsfuss, Schweinenacken, Schweinebauch, Zitronengras und Bergheu für die Essenz, Kräuterschwein in den Tortellini. Reismehl aus den Terreni ersetzt bei der Pasta den klassischen Teig. Fermentierter Kohlsalat (Kimchi) und ein Kräuteröl für die Frische runden das Umami-Package ab. Wie kriegt man so viel Harmonie in die Suppenschüssel? «Testen, testen, testen», sagt Chef Leo. Selbst die Artischocke für den nächsten Gang («nostro carciofo») ist neuerdings eigenes Gewächs, serviert wird sie knusprig gebacken mit geraffelter Belper Knolle und einer dicklichen Sauce mit Honig, XO, Knoblauch und Tessiner Pancetta. Hauptgang: eine geometrisch geschnittene, sauber gebratene Tranche vom Tessiner Limousin-Rindsentrecote mit leicht bitterem, gebratenem Sommer-Chicorée, Valle-Maggia-Gremolata und Bergpfefferjus. Dann darf der Patissier ran: «Albicocca brasata», geschmorte Aprikose, mit Gartenerbsenglace, Fenchelblüte und Buchweizen-Granola. Besser ist da nur das Pré-Dessert: ein Zitrussorbet und ein hausgemachter «Agrumicello», hergestellt aus den elf (!) Zitrusfrüchten, die im Orto wachsen (Yuzu, Meyer-Zitrone, Buddhas Hand, Kumquat, Bergamotte, Cedrat-Zitrone & Co.).
Wär’s das? Nicht in einem so feinen Gourmethotel wie dem «Castello», nicht bei einer so wilden, hochmotivierten Truppe in der Küche. Ein zweites internationales Menü liegt auf, dazu kommt ein unglaubliches A-la-carte-Angebot, das man in Zeiten von Fachkräftemangel und Zwangsmenüs kaum mehr zu sehen kriegt. Highlights? Die Klassiker Fagottini alla ricotta mit schwarzem Trüffel und der Loto-Risotto, die Königstaube und der Atlantik-Steinbutt. Und zwei Gerichte für zwei: Die Seezunge aus dem Atlantik und aus der ersten Einkaufsliga gibt’s in einer ersten Runde mit Beurre noisette, danach mit einer Champagner-Beurre-blanc. Der Klassiker Tessiner Perlhuhn wird in drei Services zelebriert: den Schenkel mit roter Polenta vom eigenen Hof überraschend zuerst, den «Koffer» mit der Brust am Schluss – und mittendrin eine kräftige Faraona-Essenz.
Das «Duo infernale» Roock und Ott, seit Jahren gut eingespielt, hat einen hervorragenden Partner an der Front: Maître Sergio Bassi. Er erklärt souverän, was die beiden Chefs für die einzelnen Gänge ausgeheckt haben. Er holt Überraschendes aus dem riesigen «Castello»-Keller. Flaschen etwa, die «Cantina alla Maggia»-Önologe Ettore Biraghi auf seinem eigenen Weingut, der «Tenuta Luigina», abfüllt: einen erfrischenden Viognier (Millepertoli 2021), einen 100-Prozent-Merlot aus der Amphore und aus der Tessiner Champions League (Quartessenza 2015). Bassi hat auch eine Lösung, wenn die Köche auf dem Umami-Trip sind und den Sommelier herausfordern wie bei der Bergheu-Essenz. Dann giesst er einen edlen Sake aus Japan (Zaku Impression) ins hauchdünne Zalto-Glas. Muss ja nicht alles «Kilometro zero» sein.


Keine Sekunde liegt der «Salmerino del lago», den Berufsfischer «Joe» Palmieri mit bemerkenswerter Zuverlässigkeit aus dem Lago Maggiore hievt, in der Pfanne. Dafür kommt er in den Räucherofen, à la minute, genau sieben Minuten lang. Dann ist der Seesaibling perfekt gegart, butterzart, leuchtend rosa. Was dazu kommt, ist Programm: «Sapori del nostro orto» heisst das Signature Menu im «Castello del Sole», dem kulinarischen Traumschloss von Ascona. Verwertet wird, wenn immer möglich, was im Hotelgarten, in den Terreni alla Maggia oder wenigstens im Tessin gedeiht. «Kurz vor dem Service streifen wir Köche durch die Beete und klettern auf die Bäume, holen uns, was wir brauchen», sagt Leo Ott, zum Küchenchef befördert und genialer Partner von Executive Chef Mattias Roock. Was braucht’s zum Salmerino? Gelbe Peperoni beispielsweise für die leicht säuerliche Vinaigrette, Holunder und Holunderöl. Ein harmonischer Start in einen wunderschönen Sommerabend im Cortile des Hauses.
«Im Juni, Juli und August kochen wir am liebsten», sagen die beiden Chefs, «dann können wir in unseren Gärten aus dem Vollen schöpfen.» Nach dem Fisch kriegen wir ein zartes Tatar vom Berglamm, kühl, aber nicht kalt serviert und elegant verpackt. Die Komponenten aus dem Garten diesmal: Gurke, kleine Pepquiños wie in Mexiko, schwarzer Knoblauch, Zitronenmyrte. Auf die nächste Runde freut sich auch Maître Sergio Bassi: «Unser Wow-Gang!» Keine Übertreibung: Die «Essenza fieno di montagna» (Bergheu- Essenz, fünf Tage Arbeit) ist tatsächlich eine Umami-Bombe, mit Luzerner Bierschwein in der Hauptrolle: Schweinsfuss, Schweinenacken, Schweinebauch, Zitronengras und Bergheu für die Essenz, Kräuterschwein in den Tortellini. Reismehl aus den Terreni ersetzt bei der Pasta den klassischen Teig. Fermentierter Kohlsalat (Kimchi) und ein Kräuteröl für die Frische runden das Umami-Package ab. Wie kriegt man so viel Harmonie in die Suppenschüssel? «Testen, testen, testen», sagt Chef Leo. Selbst die Artischocke für den nächsten Gang («nostro carciofo») ist neuerdings eigenes Gewächs, serviert wird sie knusprig gebacken mit geraffelter Belper Knolle und einer dicklichen Sauce mit Honig, XO, Knoblauch und Tessiner Pancetta. Hauptgang: eine geometrisch geschnittene, sauber gebratene Tranche vom Tessiner Limousin-Rindsentrecote mit leicht bitterem, gebratenem Sommer-Chicorée, Valle-Maggia-Gremolata und Bergpfefferjus. Dann darf der Patissier ran: «Albicocca brasata», geschmorte Aprikose, mit Gartenerbsenglace, Fenchelblüte und Buchweizen-Granola. Besser ist da nur das Pré-Dessert: ein Zitrussorbet und ein hausgemachter «Agrumicello», hergestellt aus den elf (!) Zitrusfrüchten, die im Orto wachsen (Yuzu, Meyer-Zitrone, Buddhas Hand, Kumquat, Bergamotte, Cedrat-Zitrone & Co.).
Wär’s das? Nicht in einem so feinen Gourmethotel wie dem «Castello», nicht bei einer so wilden, hochmotivierten Truppe in der Küche. Ein zweites internationales Menü liegt auf, dazu kommt ein unglaubliches A-la-carte-Angebot, das man in Zeiten von Fachkräftemangel und Zwangsmenüs kaum mehr zu sehen kriegt. Highlights? Die Klassiker Fagottini alla ricotta mit schwarzem Trüffel und der Loto-Risotto, die Königstaube und der Atlantik-Steinbutt. Und zwei Gerichte für zwei: Die Seezunge aus dem Atlantik und aus der ersten Einkaufsliga gibt’s in einer ersten Runde mit Beurre noisette, danach mit einer Champagner-Beurre-blanc. Der Klassiker Tessiner Perlhuhn wird in drei Services zelebriert: den Schenkel mit roter Polenta vom eigenen Hof überraschend zuerst, den «Koffer» mit der Brust am Schluss – und mittendrin eine kräftige Faraona-Essenz.
Das «Duo infernale» Roock und Ott, seit Jahren gut eingespielt, hat einen hervorragenden Partner an der Front: Maître Sergio Bassi. Er erklärt souverän, was die beiden Chefs für die einzelnen Gänge ausgeheckt haben. Er holt Überraschendes aus dem riesigen «Castello»-Keller. Flaschen etwa, die «Cantina alla Maggia»-Önologe Ettore Biraghi auf seinem eigenen Weingut, der «Tenuta Luigina», abfüllt: einen erfrischenden Viognier (Millepertoli 2021), einen 100-Prozent-Merlot aus der Amphore und aus der Tessiner Champions League (Quartessenza 2015). Bassi hat auch eine Lösung, wenn die Köche auf dem Umami-Trip sind und den Sommelier herausfordern wie bei der Bergheu-Essenz. Dann giesst er einen edlen Sake aus Japan (Zaku Impression) ins hauchdünne Zalto-Glas. Muss ja nicht alles «Kilometro zero» sein.