Stadthaus

Im kleinen Burgdorf wird kulinarisch Grosses geboten. Zum Beispiel von Christian Bolliger im «Stadthaus». Bei unserem letzten Besuch kamen wir uns allerdings ein wenig veräppelt vor. Der Chef himself bat uns am Tisch, statt das Gourmetmenü zu bestellen ihm «freie Hand zu lassen» – das sei doch weit spannender. Dass wir dann aber das genau gleiche Menü erhielten wie die grosse festliche Runde am Tisch nebenan, enttäuschte – allfällige Engpässe aufgrund von Familienfeiern kann man ja auch erklären. Immerhin: Was aufgetischt wurde, hatte Klasse.
Einen wilden Ritt durch Aromen und Regionen bot schon das Apéro-Plättchen: Serranoschinken, frittierte Gnocchi, Schaumsüppchen mit Kaviar, Frischkäse in Engelshaar gerollt, Guacamole und Kichererbsen-Gebäck in Fish-’n’-Chips-Papier. Das Zweierlei von der Kalbsmilke begeisterte vor allem dank dem ausgezeichneten Carpaccio, perfekt war auch das Duo von der Entenleber mit feiner Brioche. Gar üppig (und mit gar viel Zwiebeln) kam das Kalbstatar mit Jalapeño-Schaum daher, total begeistert waren wir dafür vom Onsen-Ei mit weissem Trüffel, Speck und Trüffelschaum. Gross und tadellos war das Kalbsfilet im Hauptgang an herrlicher Morchelsauce mit einer Unmenge grosser Morcheln.
Nach den sehr grosszügigen Portionen gab’s noch ein ebenso grosszügiges Dessert: eine riesige Kugel aus weisser Schoggi, gefüllt mit Passionsfruchtglace, weisser Schoggimousse, einer Praline sowie Schokoladencrumble und erst noch übergossen mit einem heissen Passionsfruchtjus. Wunderschön präsentiert, köstlich im Geschmack und der sichtliche Stolz der beiden Lernenden, die sie selber servierten – aber als Abschluss eines faktischen Sechsgängers leider zu viel des Guten.