Gasthaus Löwen

Was machen junge Gastgeber im Lockdown? Heiraten. Ferien. Und den Garten für die «Zeit danach» bereitstellen. Das «Löwen»-Gärtli ist versteckt, nicht verwunschen, ausgestattet mit Loggia und Lounge. Eine Genuss-Oase, gerade richtig für die aufregende und oft auch etwas ausufernde Küche von Franco Körperich. Gastgeberin Tanja Körperich muss buchstäblich die Extrameile gehen; der Garten ist ziemlich weit vom ältesten Gasthof im Kanton Zug entfernt.
Körperich bestimmt selber, wo es denn kulinarisch langgehen soll, die Gäste spielen klaglos mit. Der junge Koch aus Deutschlands Osten, der zuvor mit renommierten Chefs wie Markus Neff, Gregor Smolinsky und René Weder gearbeitet hat, steht meist allein am Herd, also konzentriert er sich besser auf ein einziges Menü. Seine Kreationen bestehen aus ziemlich vielen Komponenten; mehr dürften es nicht sein. Aber: Sein Menü macht Spass und beginnt schon ziemlich munter. Alpkäse-Chip, Coppa-Chip, Mini-Frikadelle, roher Swiss Shrimp mit Avocadocreme und mexikanischem Oregano, im eigenen Garten angepflanzt. Das letzte Amuse-bouche ist das beste: Tatar vom Balfegó-Tuna, angerichtet auf Wakame-Salat mit Buttermilchcreme, Dillöl und geschälten Sojabohnen. Start geglückt!
Beim ersten Gang staunen wir zweimal: über die zweifarbigen, hauchdünn aufgeschnittenen Rettichscheiben. Und über die Mini-Gurken im Teller. Für die Hauptrolle ist eine Jakobsmuschel nominiert. Körperich serviert sie geräuchert und das ist keine wirklich gute Idee: Die Saint-Jacques verliert ihre verführerische Farbe, gewinnt im Rauch nicht an Geschmack. Erste Nebenrolle: Kaviar. Nicht zu knapp. Beim Rouget applaudieren wir vorbehaltlos: saftig sautiert, mit den knusprig gebratenen Schuppen (!) obendrauf; dazu gibt es eine gefüllte Zucchiniblüte und eine geflämmte Paprika-Beurre-blanc.
Was liegt beim nächsten Gang unter der eleganten weissen Cloche im tiefen Teller? Tortelloni, mit glasierter Kalbsbrust wunderbar gefüllt, dazu Steinpilze und die volle Ladung Burgunder Trüffel. Körperich weiss schon, was er im nächsten Menü in den Ravioliteig verpacken will: Hirschpfeffer! Damhirsch ist nicht unser Lieblingstier, aber wir attestieren nach dem Hauptgang gerne: Der Rücken ist perfekt gebraten – und die Beilagen grenzenlos und gut. Rotkohl am Stück statt geraffelt, Marroni in drei Varianten, eine kleine Botzibirne mit Kurkuma, prima Schupfnudeln, eine blitzsaubere Gin-Sauce (Wacholder). Auch beim Dessert scheut der Solo-Koch keinen Aufwand: giftgrünes Granny-Smith-Sorbet, eine schmelzende Caramelglace, Butterkekskuchen, Apfelgelee. Den Käsegang haben wir nur schweren Herzens übersprungen. Weil die Auswahl gross und der Schlorzifladen dazu grandios ist.