Text: Kathia Baltisberger Fotos: Fabienne Bühler

Beruhigendes Futter. Als die Tür aufgeht und der Besuch reinkommt, suchen die Ferkel zunächst das Weite. Um nur wenige Sekunden später doch ganz gwundrig zu schauen, was da los ist. Manuela und Silvio Siegenthaler züchten Schweine auf dem Bettenhof in Friltschen TG. Ein innovativer Hof. Seit mehreren Wochen füttern Manuela und Silvio die Schweine mit Apfeltrester, den Pressrückständen aus der Apfelsaft-Produktion der Mosterei Möhl. Der Trester wird dem Futter beigemischt und schon nach kurzer Zeit zeigt die Ernährungsumstellung Wirkung. «Die Tiere sind viel ruhiger», beschreibt Silvio Siegenthaler seine Beobachtungen.

thurgauer apfelschweine von bianchi

Ballaststoffreich: Der Apfeltrester ist grobfasrig und schmeckt wie getrocknete Apfelringe, aber weniger süss.

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Die Schweine lieben es, wenn Silvio Siegenthaler mit dem Wasserschlauch kommt. 

Brownie und Baileys. Jetzt ist Dario Bianchi, Co-Geschäftsführer des Delikatessenhändlers Bianchi, zu Besuch. Er will sich ein Bild vom Betrieb, den Züchtern und den Tieren machen. Denn Bianchi nimmt die sogenannten Thurgauer Apfelschweine ins Sortiment auf. «Wir kaufen ganze Tiere, 35 pro Woche.» Auf dem Bettenhof befinden sich 190 Muttersäue, jede Woche kommen rund 100 Ferkel zur Welt. Pro Jahr sind es etwa 5500. Etwa ein Drittel bleibt auf dem Bettenhof, die anderen kommen in andere Betriebe. Bei den Masttieren handelt es sich um eine Kreuzung aus  Edelschwein (Mutter) und Duroc (Vater). Die meisten sind ganz hell, zwischendurch entdeckt man auch eins mit dunklen Punkten. «Da schlägt der Vater etwas stärker durch», erklärt Siegenthaler. Die meisten Ferkel kommen durch künstliche Befruchtung zustande. Auf dem Hof leben aber auch zwei Eber: Brownie und Baileys. 

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Bei den braunen und gepunkteten Ferkel kommt der Duroc-Vater besser durch.

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Schweine sind neugierige und intelligente Tiere.

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Auf dem Bettenhof kommen jede Woche rund 100 Ferkel zur Welt.

Fressen ohne Stress. Das Futter kommt über die automatische Fütterungsanlage in die verschiedenen Bereiche der Stallungen. Über ein Pendel können die Schweine ihr Futter in den Trog lassen. «Würde man das gesamte Futter in einen Trog geben, kämen alle auf einmal zum Fressen. Das wäre ein grosser Stress für die Tiere. So kann jedes Tier selber fressen.» Stupst das Ferkel den Hebel fürs Wasser an, entsteht eine Art Porridge. Der Trester saugt viel Wasser auf und hat eigentlich wenig Nährwerte. Es ist eine Art Diätfutter. Beim Schweinefleisch will man vor allem intramuskuläres Fett. Das hat vor allem mit der Genetik zu tun und geschieht über die Zucht. Das Auflagenfett soll gering gehalten werden. «Die Schweizer schneiden das ja sowieso ab», weiss Dario Bianchi über die Gewohnheiten der Konsumenten. 

Trester aus dem Thurgau. Der Bettenhof ist ein Vorzeigehof und war prädestiniert für das Projekt. Die Familie hat viel in den modernen Betrieb investiert. In die automatische Futtermaschine und eine Photovoltaikanlage. Als die Anfrage kam, mussten sie nicht lange überlegen. «Ich fand die Idee der Thurgauer Apfelschweine sehr cool. Wir sind hier im Herzen des Thurgaus, dem Apfel-Kanton», sagt Siegenthaler. Wichtig sei aber, dass der Trester auch immer aus dem Thurgau stamme. Deshalb arbeitet man mit der Möhl AG zusammen, die auch die Mengen das ganze Jahr garantieren können. 

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Wellness Time: Silvio striegelt Eber Brownie. 

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Die Tiere haben aber auch die Möglichkeit sich selbst etwas Gutes zu tun.

Produkte mit Geschichte. Reaktionen auf das Projekt gibt es noch nicht. «Wir haben das noch nicht an die grosse Glocke gehängt.» Das dürfte sich jetzt ändern, wenn Bianchi das Fleisch der Thurgauer Apfelschweine den Starchefs feilbietet. Auch eine Bratwurst-Rezeptur gibt es bereits. Mit Röstzwiebeln und saurem Most. «Wir sehen Potenzial in Produkten mit solchen Geschichten. Auch in der Gastronomie geht der Trend in diese Richtung. Und es ist auch ein Schritt, dem Schweinefleisch wieder eine Wertigkeit zu geben», sagt Dario Bianchi.